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Betreuungsprinzipien, psychotherapeutische Interventionen und Bewahren des Selbstwissens bei Alzheimer Kranken

October 8, 2025 | by orientco

Selbst-Erhaltungs-Therapie: ein psychologisches Konzept zur Behandlung und Betreuung der Alzheimer-Kranken

Erzählungen, die die gegenwärtige Situation betreffen,wurden vergleichbar häufig eingebracht, wobei nur ein Teil davon sichin einer relativ inhaltsstarren Form wiederholte. Erst nach mehreren Monaten schienen sich Inhalte vorwiegend zu wiederholenund es wurde zunehmend deutlich, welche Geschichten oft erinnert wurden,emotionale Bedeutung hatten und offensichtlich wichtige Elemente des Selbstder Patientin darstellten. Die Behandlung begann 3 Monate nach der Diagnosestellung und nachmehr als einem Jahr, nachdem die ersten kognitiven Beeinträchtigungendeutlich manifest wurden. Kam regelmäßig einmal in derWoche zu ambulanten therapeutischen Sitzungen, seit dato 1 ½ Jahre.Eine Sitzung dauerte 1,5 Stunden. Für die Bewältigung des Wegeszwischen der Klinik und ihrem Zuhause benötigte Frau H.

  • Vielmehrerscheint es schwer – auch bei aufgeschlossenen Mitarbeitern – bestimmteEinstellungen und Handlungsschemata zu modifizieren.
  • DenWeg dahin sehen wir in der Vergegenwärtigung der Lebensereignisse,die dem Kranken wichtig sind.
  • Wir haben allerdings auch beobachtet, wie Malenunter Anleitung einer Kunsttherapeutin sich auf eine Alzheimer-Patientinsehr unterstützend auswirkte, obwohl sie zuvor nie gemalt hatte.
  • DenTerminus “Erinnerungsfiguren” hat für bestimmte Elemente kulturellenGedächtnisses Assmann (1992) eingeführt.

Möglich, diesmal den ganzen reduzierten Wechsler-Intelligenztestdurchzuführen. Insgesamt ließ sich eine Progredienz der kognitiven Beeinträchtigungenfeststellen. Die zuvor erfaßten Merkmale des Leistungsprofils bliebenim Verlauf deutlich. Der MMSE-Wert von 24 Punkten bildete nach wie vor keinen weiterenkognitiven Abbau ab.

Sheridan (1991) identifizierte in ihrem Ratgeberdie Gruppe, die von Erinnerungsaktivitäten profitieren kann, als diegroße Mehrheit der Älteren, insbesonderen aber Personen, dieunter der Alzheimer-Krankheit leiden. Erinnerungsaktivitäten warendabei nicht als eine strukturierte Behandlungsmethode konzipiert. Vielmehrwurden alle Personen, die Kontakt mit den Älteren hatten dazu angehalten,deren Lebensgeschichten in Gesprächen und anderen Aktivitätenzu thematisieren und mittels alter Photos, Film- und Tonbandaufnahmen anzuregen. Bei der Suche nach einem optimalen Maß für die “fürsorglicheAutorität” (Fuhrmann et al., 1995) können Betreuer von Erfahrungsaustauschund Literaturanleitungen profitieren. So haben Souren und Franssen (1994)sehr detailliert die in verschiedenen Demenzstadien notwendigen Hilfenzur Alltagsbewältigung aufgestellt.

Ver�nderung sch�dlicher Gedanken

Mit sovielAngst und Abwehr, daß sie ihr ohne Nachdruck mitgeteilt wurde. Spontan nur selten, dann aber oft mit starken Gefühlsausbrüchenund viel Abwehr. Dieses Vorgehen zur Selbst-Diagnose war solange fortzusetzen, bisdie Beiträge der Patientin vorwiegend die schon erzählten Inhaltebeinhalteten und es monro möglichst deutlich war, welche der Erzählungenwiederholt vorgebracht wurden. An dem Wiederkehren der Themen zu den spontanenErzählungen haben wir die personelle Bedeutung der Themen gemessen.Frau H.

Gleichzeitigwar die Patientin in der Lage, ohne derartige Hilfe die meisten Inhaltezu erinnern, so daß das Vorspielen keine entscheidende Bedeutungals Gedächtnisstütze bekam. Es ist zu erwarten, daß das”externe Gedächtnis” im Verlauf der Krankheit zusätzlich zu derFunktion, Erinnerungen anzuregen bzw. Hervorzurufen, auch die Funktionbekommt, Erinnerungen zu ergänzen bzw. Die Hilfe, die den Kranken zum Bewahren der Kontinuität, derIdentität, des Kohärenzsinns und des Selbst-nahen Wissens angebotenwird, kann sich emotional stabilisierend auswirken. Das ist insbesonderedeshalb zu erwarten, da, wie weiter oben angeführt, affektive Veränderungenzu einem bedeutenden Teil als eine Reaktion auf kognitive Einbußenverstanden werden können. Mit den Maßnahmen, die das Erhaltendes personalen Selbst unterstützen, können positive Gefühlestabilisiert und negative Emotionen wie Angst, Scham, Aggression oder Depression- die oft als Reaktion auf Selbst-verletzende Erfahrungen entstehen – reduziertwerden.

Depression – “Stiefkind” der Demenz-Behandlung

DieseVeränderungen zeigten sich schon in einem frühen Krankheitsstadium,bei Personen mit leichter Demenz (GDS 4; Reisberg et al., 1982). Mit der “Rigiditäts”-Skala wurde eine Abnahmeder Fähigkeit, Aufgaben und Alltagsverrichtungen gewissenhaft zu bearbeiten,erfaßt. Mit der “Neurotizismus”-Skala wurde eine tendentielle Zunahmedepressiver Stimmung bzw.

Diese in ihrer Vielfalt und Komplexitätbewunderungswerten Verteidigungsmechanismen des Selbst haben eine wichtigeFunktion und sollten vom Betreuer nicht demontiert werden. In diesem Zusammenhang soll auch die Auswirkung kognitiver Übungsprogramme,die zum Teil von Angehörigen durchgeführt werden (Quayhagen etal., 1995) auf das Selbstverständnis der Kranken und auf die familiäreBeziehung mitbedacht werden. Die bis jetzt wenigen Erfahrungen hierzu ergabenwidersprüchliche Ergebnisse (vgl. PattschullFurlan et al., 1989; Kunz,1990; Romero & Eder, 1992a), so daß weitere systematische Analysender Erfahrungen notwendig sind.

Ihr Familienleben, ein wichtiger sinnspendender Lebensbereich, empfindetFrau H. Als durch ihre Krankheit nicht wesentlich beeinträchtigt.Die Beziehung zum Ehemann sei sogar bedeutend besser geworden. Fühlte sich von ihrer Familie, insbesondere von demEhemann, unterstützt und angenommen. Ihr war es weitgehend bewußt,daß sie auf die Hilfe des Mannes angewiesen war und war ihm fürdie Hilfsbereitschaft ausgesprochen dankbar. Sie erlebte die Qualitätder Beziehung als durch die Krankheit gebessert. Die Begegnungen mit demMann sind zu ihrer großen Freude persönlicher, lebendiger, gefühlsbetontergeworden.

Das Bewahren der Kontinuität kannauf mehreren Wegen angegangen werden. Die Entwicklung der Alzheimer-Krankheit ist oft von Verhaltensänderungenwie “Weglaufen”, Aggressionsausbrüchen, Unruhe oder sozialem Rückzugbegleitet. Es kann erwartet werden, daß eine längere SelbstErhaltungder Entwicklung des störenden Verhaltens entgegenwirkt. Weiterhinlassen sich dem Konzept Hinweise zum Umgang mit dem störenden Verhaltenableiten. “Jeden Moment fühle ich, daß ein andererTeil von mir verloren geht. Mein Leben … mein Selbst … fallen auseinander… . Die meisten Menschen erwarten eines Tages den Tod, aber wer hätteje erwartet, das Selbst zuvor zu verlieren” (Cohen & Eisdorfer, 1986).